Schmerzanalyse: Das Revival des Joint-by-Joint-Ansatzes

3D-Illustration einer Figur mit einem roten Punkt im unteren Rücken, der Schmerzen oder Beschwerden anzeigt.

Wehwechen hier, Wehwechen dort – Egal, wie alt man ist, Schmerzen im Bewegungsapparat kennt jeder von uns! Besonders hartnäckig sind vor allem aber die Schmerzen, deren Ursachen wir nicht kennen: Ist es etwas Ernstes? Schmerzt mein Rücken, weil „etwas“ kaputtgegangen ist? Warum schmerzt seit neustem meine Schulter beim Anheben des Armes, obwohl ich mich nicht an einen Verletzungsmechanismus erinnern kann? Solange der Mensch keine rationale Erklärung für seine lokalen oder umfassenden Schmerzgeschehen hat, macht ihn dies unsicher, nervös und geradezu beängstigt. Immer die Sorge im Hintergrund es könnte etwas Ernstes sein! Besonders das Thema Rückenschmerzen spielt hier in unserer sitzenden Gesellschaft eine ganz entscheidende Rolle. Viele Menschen denken bei länger fortbestehenden Rückenschmerzen an Dinge wie „Bandscheibenschädigung“, „Nerven eingeklemmt“ oder andere solch böse Dinge und wollen dies schnellstmöglich mit allen bildgebenden Verfahren abklären lassen.

Doch bitte, hier der wichtigste Tipp dieses Blogartikels: Schmerzen sind multifaktoriell! Schmerzen können diverse Ursachen haben und nicht jeder Schmerz steht mit einem tatsächlichen Gewebeschaden in Verbindung! Schmerzen sind vielmehr eine Interpretationsleistung unseres Gehirns: Schmerzen dienen als Warnsignal und sollen den Mensch vor einer drohenden Überforderung auf physischer oder psychischer Ebene oder einer mangelnden Regeneration warnen. Schmerzen entstehen im Gehirn immer dann, wenn die einfließenden Informationen aus der Umwelt (über unsere Sinnesorgane) und die Informationen aus unserem Körperinneren (unsere Eigenwahrnehmung) nicht passen, wenn das Gehirn also den Eindruck gewinnt, die Anforderungen der Umwelt passen nicht zu unseren eigenen Fähigkeiten. Schmerzen zu verstehen, zu analysieren und zu behandeln, das ist eine Kunst für sich. Jede Fachrichtung der Medizin und der Trainingswissenschaft hat da ihre eigene Herangehensweise und keine an und für sich ist „die Richtige“. Ganz im Gegenteil eine Kombination, mehrere Methoden und ein Ausschlussverfahren zur Ursachendefinierung scheint am vielversprechendsten zu sein. Individualität steht mal wieder an erster Stelle!  Genau deshalb möchte ich dir hier auf meinem Blog verschiedene Ansätze der Schmerztherapie vorstellen. Heute starten wir, ganz getreu der Trainingswissenschaft, mit einer recht simplen und fast schon altertümlichen Herangehensweise, die allerdings bis heute ihre Berechtigung hat. Gerade in Bezug auf die Frage, ob man mehr Mobilisation oder mehr Kräftigung in einem schmerzenden Bereich vornehmen sollte, hilft dir der sogenannte Joint-by-Joint-Ansatz. Dieser stellt zudem eine neutrale Basis für ein recht einfaches, aber dennoch sehr kluges Schmerzverständnis dar.  Also, viel Spaß beim Lesen!

Der Joint-by-Joint-Ansatz (JbJ) wurde vom Physiotherapeuten und FMS (Functional Movement Screen)-Erfinder Gray Cook  und seinem Kollegen Michael Boyle erstmals definiert und stellt eine Methodik dar, dysfunktionale Gelenkfunktionen zu definieren. Ja du liest ganz richtig: Jedem Gelenk unseres Körpers ist eine Funktion zugeteilt, und zwar entweder eine primär stabilsierende oder eine primär mobilisierende Funktion. Weicht ein Gelenk von seiner ursprügnlichen Funktion ab, wird es zu einem dysfunktionalen Gelenk und kann die gesamte Statik des Körpers stören, wie auch unserer Anfälligkeit für Verletzungen und Überbelastungen in bestimmten Bereichen steigern. Die Wahrscheinlichkeit für ein potenzielles Schmerzgeschehn steigert sich dabei auch. Diese Zuordnung der Grundfunktion, also entweder der Stabilitäts- oder aber der Mobilitätsfunktion eines Gelenkes, erfolgt immer im Wechsel: Auf ein mobiles Gelenk folgt ein stabiles! So wäre der Körper optimal belastbar, schmerzfrei, funktional einsetzbar und für alle Anforderungen gewappnet. So weit die Idealvorstelllung. Die Realität sieht leider meist anders aus, was uns weiderum zum grundthema, nämlich zum Thema Schmerz zurückführt.

Schauen wir uns das Ganze aber nun einmal im Detail an: Welches Gelenk sollte unter Belastung welche Grundfunktion erfüllen? Starten wir mit unserer Körperbasis und arbeiten uns dann in Richtung Kopf vor:

Mittelfuß/ Fußgewölbe – stabil

Fußgelenke – mobil

Knie – stabil

Hüfte – mobil

Lendenwirbelsäule – stabil

Brustwirbelsäule – mobil

Halswirbelsäule – stabil

Kopfgelenk (Atlas-Axis-Gelenk) – mobil

Schulterblatt – stabil

Schulterhauptgelenk – mobil

Ellenbogen – stabil

Handgelenk – mobil

Wenn alle diese Funktionen einwandfrei erfüllt werden, gibt es keine Übung, die du nicht in vollständiger Perfektion ausführen kannst. Wenn aber nur ein beteiligtes Gelenk von seiner Funktion abweicht, leidet die gesamte Ausführungsqualität und die umliegenden Gelenkstrukturen werden übermäßig stark belastet. Warum können manche Menschen perfekt in der tiefen Hocke sitzen und andere kommen nicht mal annähernd so tief oder sie schaffen es bis unten aber verlieren ihr Gleichgewicht und kippen in der tiefsten Position nach hinten um? Nun ja eine solche tiefe Hocke ist die Perfektion einer Kniebeuge und damit sie die grundlegend beteiligten Strukturen die Fußgelenke, die Knie- und die Hüften. Mangelnde Mobilität in Sprung- und Hüftgelenken können die Qualität einer Kniebeuge und auch die Leistung in der tiefen Hocke extrem negativ belasten. Wer leidet darunter am meisten? Das Gelenk, was nichts dafür kann aber genau in der Mitte liegt zwischen diesen beiden Überltätern: Das Knie! Statt seiner Stabilitätsfunktion nachzugehen, muss es die Mobilitätsdefizite von Fuß- und Hüftgelenken ausgleichen. Folge: Mangelnde Stabilität in der Beinachse, Kniebeschwerden und eine sehr schlechte Performance in der tiefen Kniebeuge und der tiefen Hocke! Doch nicht nur Mobilitätsdefizite können Ursache für Probleme sein, auch eine schlechte oder eingeschränkte Funktionsfähigkeit unserer SInnesorgane und z.B. der Rezeptoren unter der FUßsohle können zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit bei stehenden Übungen sein. Schlechtes Feedback ans Gehirn, bedeutet eine schlechte Informationsgrundlage. Dies wiederum sorgt dafür, dass das Gehirn keine vollstädnige Leistungsfähigkeit zulässt oder mit Schmerzen als Warnsignal reagiert! Teufelskreis ahoi!

Also merke dir: Der Ort des Schmerzes muss nicht der Ort der Schmerzursache sein! Vielmehr sollten auch die umgebenden Strukturen beachtet werden. Und vor allem: Nicht jeder Schmerz bedeutet einen Gewebeschaden, sondern ist vielmehr ein Warnsignal, dass im funktionale System Mensch etwas falsch läuft: Doch was läuft falsch, die Detektivarbeit kann beginnen!

Auch der Frage „Leidest du unter Nackenschmerzen?“ kann der JbJ-Ansatz neue Ideen der Herangehensweise auf den Tisch holen. Vor allem: Physiotherapie und Massagen bringen dich aber nicht weiter? Langfristig kommen die Beschwerden immer wieder zurück? Und das Einzige, was dir als Erklärung dazu einfällt: „Ja was soll ich denn machen, mein Nacken verspannt, weil ich ja den ganzen Tag vor dem Computer sitzen muss!“? Ja das ist eine mögliche Erklärung, wobei verspannte Muskeln nicht gelockert, sondern meist sogar gekräftigt werden müssen (aber das ist ein anderes Thema). Gemäß des JbJ- Ansatzes sollte in einem solchen Fall auch deiner Brustwirbelsäule und ihrer natürlichen Mobilität in der Streckungs- und der Beugungs-, sowie der Rotationsfunktion vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt werden. Arbeiten deine Schulterblätter eigentlich funktionell? Geben sie deinem Schulterhauptgelenk genügend Stabilität am Rumpf? Du merkst schon, so leicht ist es gar nicht „eine Ursache“ zu finden.

Natürlich muss auch ein primär stabiles Gelenk in bestimmten Situationen eine gewisse Mobilität aufweisen, um dem Menschen seine natürlichen Bewegungen zu ermöglichen. Beispielsweise die primär stabil arbeitenden Lendenwirbelsäule: Ohne Belastung sollte auch diese so mobil sein, dass eine vollständige Rundung und Streckung problemlos möglich ist. Nur so können wir uns im Sitzen zu unseren Füßen bücken und die Schuhe zubinden oder einen Stift vom Boden aufheben. Sobald die Last aber größer wird und es darum geht, eine Wasserkiste vom Boden anzuheben, da wird das funktionale System des Körpers gefordert und alle Strukturen müssen ihrer Grundfunktion entsprechend arbeiten. Hier muss die Lendenwirbelsäule stabil sein, nur so ist sie muskulär stabilisiert und vor Verletzungen geschützt!

Das klingt schön und gut für dich? Doch du fragst dich nun: Woher weiß ich jetzt, ob bei mir alles funktionell ist und den natürlichen Funktionen entsprechend? Am besten findest du das durch ein geschultes Auge heraus! Ich biete hierfür eine vollumfängliche Bewegungs-, Haltungs- und Kraftanalyse an, die im Übrigen eine unverzichtbare Basis eines individuellen und funktionellen Trainings ist. Also worauf wartest du? Kontaktiere mich einfach über ed.scitencnufobfsctd@ofni und wir arbeiten gemeinsam an der Funktionalität und Schmerzfreiheit deines Körpers!

Lisa Stanke

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